City-News
IVO DELOR IM INTERVIEW
News vom 28.06.2019 - Stand: 28.06.2019 17:23
IVO DELOR IM INTERVIEW
Ivo Delor ist langjähriger Gastronom; ursprünglich Grafiker. Er engagiert sich im sozialen und politischen Umfeld. Er kennt die beiden Lieblingsstadtteile: die Schanze und Pauli. Mit uns talkt er über den Kiez, den Wandel, die Läden, 20 Jahre Bernsteinbar und seinen neuen Laden.
WIE BIST DU NACH HAMBURG GEKOMMEN?
Ich bin als Student für mein Kunststudium an der Hochschule für bildenden
Künste hergekommen. Da wurde am Ende nichts draus, weil ich in die Bernsteinbar gestolpert bin.
DU HAST DA ANGEFANGEN ALS BARMANN? ODER GESCHÄFTSFÜHRER?
Als ich 2006 in den Laden gestolpert bin, war der Laden auf seiner Hochzeit.
Ich bin da recht schnell 2007 zum Geschäftsführer geworden, da ich mich
sehr engagiert habe, nach vier Schichten trug ich schon die Verantwortung.
WAS JA SEHR GUT GEKLAPPT HAT. DU HAST DEN LADEN KOMPLETT UMGEKREMPELT.
Ich habe nur ein anderes Blickfeld auf die Gastronomie insgesamt und einfach
das, was ich in dem Laden gesehen habe sowie deren Stärken ausgearbeitet.
Der Laden verwandelt sich in einen Club. Die Leute tanzen, die Musik ist laut
genug, dass man das auch machen kann und ganz stark zeichnet sich die
Bernsteinbar durch die musikalischen Inhalte aus. Trotz der Größe hatte die
Bernsteinbar schon immer Top-Acts am DJ-Pult.
EIN PROJEKT VON DIR IST DAS BERNSTORFFSTRASSENFEST. WAS
VERANLASST DICH DAZU, WAS IST DEIN MOTOR?
Das war einfach das Interesse an der Sache und ob man es hinbekommt. Das
Fest gibt es auch schon länger, als ich da war. Ich wurde gefragt, ob ich da
mithelfen könnte und habe die Verantwortung für die Hauptbühne übernommen.
JETZT KAM DAS „VIVA LA BERNI“ AUF, WORUM HANDELT ES SICH
HIER?
Verschiedene Künstler im graphischen Bereich, Musiker, wie Fettest Brot, und
Handwerker haben im Hinterhof ihre Räume. Das sind viele Leute, die sich
untereinander kennen und zusammen arbeiten und in den 30 Jahren zusammengewachsen sind. Anlass dafür war der Ausverkauf von Orten, an denen
dieses Urbane Leben, wie man es sich wünscht stattfinden kann. Jetzt kam
plötzlich ein Brief rein, dass der Hof an einen großen Investor verkauft wurde.
Nun heißt es, dass das ganze Projekt in Gefahr ist. Es gab bereits viele
Gespräche auf Stadtebene zu diesem Thema.
WIE IST DENN DIE EINSTELLUNG DER STADT?
Der Investor besitzt das Grundstück bereits, jedoch haben wir das mit vorangebracht, dass die Stadt auch bei Käufen möglicher Investoren dann auch mal
den Verkauf kappt.
DU BIST ALS MACHER DER BERNSTEINBAR MIT KURZEN MIETVERTRÄGEN VERTRAUT. WAR DAS EIN GRUND DAFÜR, SICH EIN ZWEITES OBJEKT ZU SUCHEN, WAS VIELLEICHT EINEN LÄNGEREN MIETVERTRAG BEKOMMT.
Es war einmal wieder nicht klar, was mit dem Mietvertrag der Bernsteinbar
war. Ich habe gehört, dass das Wohlers, was quasi im selben Häuserblock
war, zum Verkauf stand. Da habe ich mich vorgestellt und wurde von der
vorherigen Besitzerin ausgewählt, wahrscheinlich, weil ich so viel in der
Umgebung tue und die Ecke gut kenne.
DU HAST ZWEI KINDER, DIE BESTIMMT ZEIT BEANSPRUCHEN,
GERADE AUCH NEBEN JETZT ZWEI LOCATIONS. WIE ALT BIST DU
EIGENTLICH?
Ich bin 34 und jetzt seit 12 Jahren in der Bernsteinbar.
WAS IST BEIM WOHLERS DEIN KONZEPT?
Ich habe nicht geguckt, was ich persönlich da haben wollte. Ich habe mir
überlegt, wie es sein sollte, als es vor hundert Jahren gebaut wurde. Es gab
einen förmlichen Renovierungsstau. Ich habe es versucht im Hamburger Stil zu
machen. Das Gebäude steht da seid 1860, dort war schon immer Gastronomie drinnen in dem vorderen Eck.
WEISST DU, WO DU MIT DEM RESTAURANT HINWILLST?
Bei einem Restaurant sagt man, nach drei Jahren hat sich der Weg gefunden,
nach einem Jahr weiß man, ob man bleiben möchte oder weg möchte. Und
ich will bleiben.
IST DAS DEIN LETZTES GASTRONOMIE-LOKAL , WAS DU ERWERBEN MÖCHTEST, WIRD ES VIELLEICHT EIN FRANCHISE?
Nein, da bin ich nicht der Typ für. Ich wähle die Sachen eher danach aus,
was ich in dem Objekt sehe. Jeder Laden ist ganz eigen.
DEINE BEIDEN LÄDEN SIND IN DER SCHANZE. WÜRDEST DU AUF
DEM KIEZ AUFMACHEN, WENN SICH DIE GELEGENHEIT BIETET?
Nein, vielleicht am Rand des Kiez. Mit dem Publikum kann ich wahrscheinlich
eher nichts anfangen.
GIBT ES NEBEN DER GASTRONOMIE WEITERE LEIDENSCHAFTEN,
DIE DU AUSLEBEN MÖCHTEST?
Ich interessiere mich für bildende Kunst, damit beschäftige ich mich gerne, so
wie andere Yoga machen.
WAS STEHT JETZT IN NÄCHSTER ZEIT FÜR DICH AN?
Zuerst steht die Jubiläumsfeier an, 20 Jahre Bernsteinbar, das ist auch nur sehr
selten, da nicht viele Läden in der Schanze so alt werden. Das liegt an der
Entwicklung durch den Verkauf an Investoren und wohlhabende Mieter. Die
Miete wird immer höher und manche Leute können diese irgendwann nicht
mehr zahlen, da sie aus Leidenschaft und nicht aus kommerziellen Gründen
ihre Läden betreiben.
DU KANNST DEIN PERSONAL GUT ORGANISIEREN UND NETZWERKEN. WIE SIEHT ES MIT DER SELBSTORGANISATION AUS?
Mit zwei Kindern ist das zwangsweise notwendig. Ich bin ein Day-Time-Worker.
Interview: Gideon Schier
zurück teilen