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020

PISTE.DE

KULTUR

| HIPHOP-SPECIAL

Die Rap-Szene wird dominiert von

einer Masse an Testosteron triefen-

den Alpha-Männchen – und die

Frauen spielen meist nur als

schmückendes Beiwerk in Videos

und auf Covern eine Rolle. Was

die genauen Hintergründe für die-

sen emanzipatorischen Missstand

sind – klären wir in einem ande-

ren Artikel. Denn hier und heute

geht es um die Frauen, die sich

hinters Mikrofon begeben, um

ihre ganz persönlichen Geschich-

ten und ihre Blickwinkel auf die

Probleme unsere Zeit zu erzählen.

Die Urmutter aller Rapperinnen in

Deutschland ist dabei Cora E. Sie

kam in den frühen 80ern über

Graffiti zum Breaken und gewann

sogar einen B-Girl Wettbewerb,

um dann Mitte der 80er das Rap-

pen zu beginnen. Ihre Verbunden-

heit mit der HipHop-Kultur zeigt

auch ihr Titel „Zulu Queen“, den

sie bereits in den 80er Jahren an-

nahm – und der sie als Mitglied

der

Zulu-Nation

ausweist.

Der weltweit bedeutendsten

HipHop-Organisation aus den

USA.

Die deutsche HipHop-Szene exis-

tierte damals nur im Untergrund,

unter Ausschluss der Öffentlich-

keit. In dieser Szene machte

Cora E. ihre ersten Schritte auf

den HipHop-Jam-Bühnen Deutsch-

lands. 1993 veröffentlichte sie

dann ihre erste Maxi-Single

„Könnt ihr mich hör‘n?“ auf dem

Hamburger Indie Label Buback

Records. Etwas später gesellte

sich dann Sabrina Setlur dazu,

deren Umfeld mit dem Rödelheim

Hartreim Projekt damals eher als

„sell out“ galt und von der Under-

grund-Szene skeptisch beäugt

wurde. Brixx aus Kassel wiederum

war wie Cora E. – ein richtiges

„Underground Girl. Sie besuchte

die HipHop-Jams der 90er Jahre.

Ende der 90er konnte sie aller-

dings nicht schnell genug aus Kas-

sel raus, um in New York endlich

ihre Vorstellung von „richtigem

Rap“ zu produzieren und auch auf

einem Major Label zu veröffentli-

chen. Zu der Zeit malte die späte-

re Produzentin Melbeatz noch

Züge in Berliner Yards. Wo sie

sich zeitweise auch schon mal mit

anderen Graffiti-Malern prügelte

oder vor Bahnpolizisten weg lief,

um nicht für ihre Kunst vor Gericht

gestellt zu werden.

Etwas später, mitten im ersten

Deutschrap-Hype Ende der 90er,

weckte die Hamburgerin Nina

MC die Hoffnung in vielen deut-

schen Major Plattenfirmen. Wenn

die rappenden Männer aus Ham-

burg so viel Erfolg haben, dann ist

es doch nur logisch, dass auch

eine Frau aus Hamburg Erfolg ha-

ben muss. Dieselben Erwartungen

steckte man parallel in Stuttgart,

damals die zweite deutsche Hip-

Hop-Hauptstadt, in Meli von der

Crew Skillz En Masse. Der Res-

pekt der Untergrund-Szene war

diesen Frauen sicher – allerdings

konnte relevante kommerzielle Er-

folge nur die am wenigsten mit

der HipHop-Szene verbundene

Sabrina Setlur erlangen.

Auf diesen Pfaden zur Geschichte

folgten bis zur Mitte der 00er Jah-

re Frauen wie Pyranja, Fiva, Lady

Bitch Ray, Kitty Kat, SheRaw und

von den 10er Jahren bis heute

Vist, Naya Isso, ESMaticx, Ebow,

Catee, Pain, Bahar, Lumara, Ta-

iga Trece, Leila Akinyi, Antifuchs,

Namika und viele mehr. Es sind

zu viele, um sie alle zu nennen –

und doch zu wenige, die einen

bleibenden Eindruck hinterlassen

durften. Doch in letzter Zeit ist fest-

zustellen, dass eine langsame

Besserung der Situation eintritt.

Immer mehr rappende Frauen tau-

chen auf und sie schaffen es, sich

zu etablieren. Zum Beispel Ace

Tee oder Fantasma aus Hamburg,

die wir in der letzten PISTE vorge-

stellt haben.

Die zurzeit sechs spannends-

ten Frauen der deutschen

Rap-Szene porträtieren wir in

dieser Ausgabe ...

FRAUEN IN DER HIPHOP-SZENE