Background Image
Table of Contents Table of Contents
Previous Page  50 / 68 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 50 / 68 Next Page
Page Background

050

PISTE.DE

AUF DER PISTE

| ELEKTRO & HOUSE

WAS TREIBT DICH NACH HAMBURG, FLORIAN,

UND WO KOMMST DU URSPRÜNGLICH HER?

Florian: Hallo Hamburg! Genau wie Christoph ent-

stamme ich aus Jena, einer kleinen, weltoffenen und

mit Dauerbaustellen gesegneten Studentenstadt in Thü-

ringen, umgeben von Bergen, Wäldern und Radarfal-

len. Was man der Stadt jedoch lassen muss, ist ihre

stetig schlaflose Kultur. Das Angebot war für die Stadt-

größe schon oft überproportional breit und qualitativ

treffsicher. Mich hat zum Beispiel damals ein Besuch im

Kassablanca Jena zur elektronischen Musik geführt. Ein

Abend, an dem man happy war mit 16 an den gro-

ßen Jungs der Tür vorbeizukommen, um letztlich von

einem grimmig dreinschauenden, aber flauschigen

DJ-Duo geplättet zu werden. Tags darauf war ich dann

auch schon glühender Fan dieser sogenannten „Wigh-

nomy Brothers“. Aber auch von der völlig neuen kreati-

ven Vielfalt, die einem die elektronische Musik auf ein-

mal bot. Aktuell bin ich, nach meinem Studium in

Dresden, im April nach Hamburg gezogen und ver-

diene hier nun meine Fischbrötchen. Ein Umzug mit

meiner Herzdame war schon länger geplant und wir

freuen uns im Nachhinein total, dass die Wahl damals

auf diese verdammt schöne Stadt gefallen ist.

WER CHRISTOPH KENNT UND IHN MAL

BEGEISTERT ERZÄHLEN GEHÖRT HAT, DER

WIRD WISSEN, DASS DEUTLICH, ABER GELIEBT

SYMPATHISCH DER THÜRINGER IMMER

WIEDER DURCHSCHEINT. HEIMAT AUCH

FÜR DICH CHRISTOPH – ABER DU BIST SCHON

LANGE IN HAMBURG. WANN HAT ES

DICH HIERHER VERSCHLAGEN, UND WAS

TREIBST DU HEUTE IM „WAHREN LEBEN“?

Christoph: Nach der Schule stand Studieren auf mei-

nem Plan. Inhaltlich schwebte mir grob eine Richtung

vor, aber die wesentliche Prämisse bei der Wahl des

Studienortes lautete: „Eine große Stadt, in der ordent-

lich was los ist“. Mit diesem Vorhaben im Kopf landete

ich prompt in Wedel (lacht). Ich habe früher viel Suns-

hine Live gehört und hing immer neidisch vorm Radio,

wenn es wieder einmal Live-Übertragungen aus den

Clubs der Republik gab, in denen die Musik lief, die es

Jena und Umgebung nicht gab. Ich erinnere mich zum

Beispeil an eine Neujahrsübertragung aus dem Docks:

DJ Dean, Pulsedriver, Rocco – die Helden meiner

Jugend! Als ich dann in einer Liste der Hochschulen für

Medieninformatik auf Wedel klickte und auf der Karte

sah, dass das doch quasi fast direkt in Hamburg liegt,

ging alles ganz schnell. Dass ich von dort bis in die

Innenstadt aber eine knappe Stunde brauchen würde,

stellte ich erst später fest. So passiert es. Derweil lebe

ich aber im wirklichen Hamburg. Im „normalen Leben“

arbeite ich als Softwareentwickler und mittlerweile

habe ich die ersten zehn Jahre hier vollgemacht. Wie

die Zeit rennt! Ich freue mich jedenfalls auf die nächs-

ten zehn. Ist schön hier!

FLORIAN, DU BETREIBST DEIN EIGENES LABEL

„DEEP WITH YOU RECORDS“, HAST ABER ZUM

BEISPIEL DEINE VORLETZTE EP AUCH AUF

SASCHA BRAEMERS LABEL WHATIPLAY RELEA-

SED. SICHER WIRST DU DAS LABEL IN HAMBURG

WEITERFÜHREN, ODER?

Florian: Ein paar Jahre nachdem mein langjähriger

Freund und Mentor Sebastian Masek (Dynanim) unser

mittlerweile zehn Jahre altes Label „Deep With You“ in

Jena ins Leben gerufen hatte, entschieden wir uns

dazu, auch ein Recordlabel daraus zu gründen. Als

Producer aus Leidenschaft bastele ich nun schon seit

ca. elf Jahren selbst. Nachdem ich selbst ein paar

auch über deutsche Grenzen hinaus erfolgreiche Veröf-

fentlichungen hatte, durfte ich auch auf Whatiplay

debütieren, worüber ich mich sehr gefreut habe. Ein

cooles Team und mit ebenso viel Leidenschaft wie man

selbst. Leider ist es mittlerweile zeitlich gar nicht mehr

so einfach, sich um die Organisation der hauseigenen

Releases und die dazugehörigen Vor- und Nachpro-

zesse zu kümmern, aber das geht letztlich ja vielen

kleinen Labels so. Von daher bin ich echt stolz über die

vielen tollen Künstler, die uns und unserem Label-Stil

gern als Plattform für Ihre Musik genutzt haben und

auch in Zukunft nutzen werden. Das Herzblut wird hier

definitiv weiter fließen.

6 WORTE, DIE EUREN SOUND BESCHREIBEN?

IHR DÜRFT ALSO DUO-INTERVIEWPARTNER

AUCH GERN MIT 3 UND 3 ANTWORTEN!

Florian: druckvoll, analog, kratzig.

Christoph: groovig, melodisch, anregend.

RADIATE – EIN STICHWORT, DAS EUCH

ERFREUEN DÜRFTE. FÜR HAMBURG WIRD ES

AUF DEN ERSTEN BLICK NUR EINE NEUE VERAN-

STALTUNGSREIHE SEIN. IHR HABT EUCH ABER

EINIGE GEDANKEN GEMACHT, DENN ES

STECKT MEHR DAHINTER. SOWEIT ICH WEISS

AUCH EIN WUNSCH. NACH DIESER ANKÜNDI-

GUNG DÜRFT IHR JETZT LIEFERN ...

Christoph: Nachdem wir in der Vergangenheit unab-

hängig voneinander an verschiedenen Projekten betei-

ligt waren, geht jetzt zunächst einmal der ersteWunsch

in Erfüllung – denn wir haben es endlich geschafft,

gemeinsam eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen.

An der Umsetzung der nächstenWünsche arbeiten wir

jetzt. Wir wollen mit „Radiate“ diejenigen Acts nach

Hamburg holen, deren Tracks zu den Lieblingen unse-

rer Playlisten gehören. Acts, die wir selbst noch nicht

live erlebt haben und Acts, die bestenfalls noch nicht in

Hamburg zu hören waren. Anstatt auf Partys mit unse-

rem Wunsch-Line-up zu warten, schmeißen wir sie ein-

fach selber.

WAS WÜRDET IHR EUCH AKTUELL VON ODER

FÜR DIE SZENE IN HAMBURG WÜNSCHEN?

WAS BRINGT FLORIAN ALS NEUZUGANG VON

AUSSEN – NOCH NICHT BETRIEBSBLIND, SON-

DERN VIELLEICHT MIT NEUEN IDEEN IN DER

HINTERTASCHE?

Florian: Hamburg hat glücklicherweise eine tolle und

sehr lebendige elektronische Musikkultur, welche von

vielen tatkräftigen Charakteren angetrieben wird,

denen dafür viel Respekt gebührt. Als normaler Gast –

und dabei spreche ich von mir selbst – empfinde ich

nur leider einige Male Line-ups und Headliner so, als

würde ich sie jedes Wochenende lesen. Außer Frage

dass es sich dabei um talentierte Artists handelt, die

einen guten Sound spielen und sicher zurecht von den

Veranstaltern erneut gebucht werden. Dennoch, wenn

ich, wie so oft, aufmerksam die Line-ups nach meinem

Sound fürs Wochenende absuche, empfinde ich man-

che Veranstaltungen aufgrund der häufig wiederkeh-

renden Namen schon nach dem ersten Lesen etwas

uninteressant.

Christoph: Ich würde mir von den großen, denen, die

die Mittel dazu haben, wünschen, dass sie sich mehr

zutrauen und auch mal den Schritt ins Ungewisse

wagen, um Neues oder Alternativen anzubieten.

Andererseits stelle ich mir gerade die Frage, ob das

überhaupt deren Aufgabe ist. Wahrscheinlich sollte

man einfach gar nicht so viel mäkeln oder fordern –

und stattdessen lieber selber aktiv werden und seinen

Teil zum großen Ganzen beitragen. Innerhalb der letz-

ten zwei Jahre gab es durchaus einige Bewegung

abseits der Hauptstraßen, und es haben sich interes-

sante neue Wege entwickelt. Das finde ich gut so!

Vielfalt schafft Abwechslung und das treibt die Gesam-

tentwicklung voran.

6 FRAGEN AN ...

CHRISTOPH

KIPPING &

FLORIAN

FELSCH

Christoph Kipping dürfte in der Hamburger

DJ-Szene sicher bekannt sein. Als Teil der Stille

Wasser Crew, die lange Zeit für ausgewählte

und gute Open Airs verantwortlich war, hat er

schon jeden Club von innen gesehen. Spielend.

Florian Felsch dagegen ist ein neues Gesicht in

Hamburg, jedoch nicht unbewandert in der Sze-

ne seiner Heimat.