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046

PISTE.DE

AUF DER PISTE

| ELEKTRO & HOUSE

HENNING, DU BIST JA EIN VERDAMMT

UMTRIEBIGER MENSCH UND AN VIELEN

FRONTEN ZU FINDEN: ALS LIVE-MISCHER VON

Z.B. JAZZ-, METAL- BIS HIN ZU KLASSIK-KON-

ZERTEN. GIB UNS DOCH MAL EINEN EINBLICK

IN EINEN KLASSISCHEN ARBEITSTAG BEI DIR.

Den einen klassischen Arbeitstag gibt es natürlich

nicht, eher einen typischen Wochenablauf: Am

Wochenende stehen Gigs und Veranstaltungen an,

also auflegen, PAs schick machen, Mikrofone und

Mischpult jonglieren oder gucken, dass z.B. der

Liveact von xyz so funktioniert wie er soll. Die

Woche besteht primär aus Studiozeit und der

unendlichen E-Mail-Schlacht mit Kunden, Künstlern,

Labels, Veranstaltern, Technikleuten usw. Das eigent-

liche „Musik machen“ bzw. Produzieren ist natürlich

der schönste Teil. Gemäß dem Motto „Wir müssen

alle geil abliefern“ wird da straight die „Shopping-

liste“ bzw. der Produktionsplan durchgezogen. Das

Klischee vom superkreativen Künstler, der bei Ker-

zenlicht seine handgeschriebenen Schmachtharmo-

nien in die Tasten massiert, macht sich gut bei Ins-

tagram – die Realität ist da zum Glück doch deutlich

vielschichtiger. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen:

Gejammt wird nach Feierabend (lacht).

UND WAS WAR DIE LUSTIGSTE PRODUKTION,

DIE DU JE GEMACHT HAST?

Da könnte ich jetzt einiges rausholen. Zum Beispiel

betrunkene Finnen, die auf dem Weg zur Lokation in

der Bahn verloren gehen. Oder dem aus Funk und

Fernsehen bekannten Comedian, der in der Aufre-

gung leider doch nicht mehr dran gedacht hat, sein

Funkmikro auf der Bühne laut – oder an anderer

Stelle – wieder auf leise zu stellen. Man erlebt schon

viele lustige Situationen über die Jahre – mit der Ver-

plantheit ganzer Berufszweige wird fest kalkuliert.

Ich bin immer mental darauf vorbereitet, dass der

Drummer von der Vorband dann halt doch erst fünf

Minuten vor der Show das Kit auf die Bühne stellt,

weil sein Vintage-Renault die Steigung zum Parkhaus

nicht geschafft hat. Oder dass das Release zum

frisch gedrehten Musikvideo sich verzögert, weil der

Label-Chef wegen Missverständnissen mit den

Behörden gerade in China in U-Haft sitzt. Es gibt

nichts, was es nichts gibt. Besser man hat einen Plan

B oder C ...

STICHWORT RSNRFLXN. DU BIST TEIL DIESER

NEUEN, SELBSTERNANNTEN „KUSCHELE-

CKE“. RESONANZ UND REFLEXION – DAS

KANN MAN SELBST AUS DEM BEGRIFF ABLEI-

TEN. DOCH ES GIBT SICHER NOCH MEHR ZU

ERZÄHLEN ÜBER DIESES NEUE PROJEKT, ODER?

Tatsächlich gibt es da eine Menge zu erzählen!

Unsere Urveranstaltung „Minimal Sommernachts-

traum“ im Wendland war dieses Jahr wieder ein

großartiger Erfolg. Ein Teil von uns war beim „Lieber

Tanz ich als G20“ dabei. Zuletzt waren wir mit dem

Verein für Mobile Machenschaften auf der

Schaluppe unterwegs. Asap wird es im frisch geret-

teten Bunker in Kiel ein Label-Showcase geben usw.

Für Ende des Jahres planen wir eine Veranstaltung,

die im Sinne der politischen Solidarität auch ein

gesellschaftliches Statement sein soll – und uns

besonders am Herzen liegt. Dabei sind Kooperatio-

nen mit so großartigen Projekten und Künstlern wie

dem Gängeviertel, Bassbotanik und anderen

Gleichgesinnten quasi unvermeidbar. Auch eine

neue Veröffentlichung ist Teil des Konzeptes, viele

großartige Musiker aus dem Umfeld wie z.B.

Shkoon, Padouc, Neal White oder Thomas Atz-

mann stehen auf meiner Liste. Und ich freue mich auf

die gemeinsame kreative Arbeit.

DU HAST UM EINE ART FREIFELD GEBETEN.

HIER BEKOMMST DU ES! FÜHLE DICH FREI FÜR

ÄUSSERUNGEN ALLER ART:

Ohne zu weit ausholen zu wollen: Ich bin ein Fan

von Kultur, finde die muss auch mal unbequem sein

und dahin zeigen, wo es weh tut. Ich bin für Fort-

schritt und tolle Sachen. Nun lebt der Musikbetrieb

als „Unterhaltungsindustrie“ ja erst mal davon, den

Menschen eine gute Zeit zu bereiten. Techno ist

Mainstream, hat als gesellschaftliches Phänomen

eine riesige Reichweite – und alle wollen dabei

sein, wer kann es ihnen verdenken? Als Produkt des

unvermeidbaren „me too“-Effektes sehen wir eine

unglaubliche Redundanz, sowohl musikalisch als

auch z.B. bei der Festival-Landschaft, bei der alles

irgendwie gleich ist. Die gleichen bekackten Holz-

buden, Yogakurse, Headliner und der vegane Piz-

zastand, dessen Käseersatz am Sonntag noch weni-

ger genießbar ist. Auf dem Main-Floor spielen die

Propheten der Mittelmäßigkeit den xten Abklatsch

des Superhits von Vorgestern. Mit Vocals, die

klingen wie von dieser englischen Indieband, die

deine kleine Schwester so gern hört. Das muss doch

nicht sein. Musik kann gut und erfolgreich sein! Nie-

mand zwingt Euch, jedes Klischee zu bedienen, die

selben „Partyclassics“ zu spielen usw. Bitte mehr Mut

zur Originalität von den Künstlern – und mehr

Engagement bei den Zuhörern. Wer etwas zu

erzählen hat, dem wird auch jemand zuhören. Ich

kann bzw. will bis heute nicht verstehen, wie Leute

random irgendwelche Sets laufen lassen. Oder auf

Partys gehen ohne zu wissen, wer da eigentlich

gerade auflegt. Ich geh doch auch nicht in ein Res-

taurant und sage zum Kellner: „Guten Tag, ich

würde gern etwas essen.“ Da kann doch nichts

Gutes bei rauskommen …

DAS PASST GANZ GUT ZU MEINER AKTUELLEN

KOLUMNE, STELLTE ICH GERADE FEST, UND

BIN BERUHIGT, DASS NICHT NUR ICH DAS SO

SEHE ... WANN SEHEN WIR DICH DENN MAL

WIEDER IN MUSIKALISCHER MISSION VOR

DER KULISSE?

Ich werde mir demnächst Zeit nehmen, all die Pro-

jekte und Kollaborationen der letzten Monate fertig

zu machen. Da liegen Sachen, die ich z.B. mit

Mitja und Daniel Mes, Pari-San oder aber auch

Midas104 angefangen habe, und die zu schade

sind, um auf der Festplatte zu versauern. Dazu wird

es einige versteckte Gigs in Hamburg oder besag-

tes Showcase in Kiel geben, und evtl. noch ein biss-

chen Berlin. Dates gibt es bei FB usw.

THEMA RELEASES: SICHER HAST DU SCHON

ETWAS IN DER PIPELINE ODER? KANNST DU

SCHON ETWAS ERZÄHLEN?

Wie eben schon angedeutet: Es hat sich einiges

angesammelt. Mit dem Projekt Metatext hab ich bis-

her eine sehr zurückhaltende Release-Politik gefah-

ren, denn gut Ding will bekanntlich Weile haben.

Der letzte Remix für Thomas Atzmann auf seiner EP

bei Underyourskin war z.B. auch schon weit über

ein Jahr fertig, bevor es zum Release kam. Andere

Sachen, gerade bei größeren Labels, brauchen mit-

unter sogar noch länger, bis sie so umgesetzt wer-

den können, wie ich mir das vorstelle. Mit entspre-

chendem Vorlauf wird im Hintergrund gerade also

eine Menge vorbereitet, einiges wird jetzt zeitnah

auch endlich kommen. Details dazu verrate ich aber

noch nicht. Was ich aber sagen kann: Diesen

Monat erscheint erst mal ein kleines Highlight Magi-

cian on Duty. Für den türkischstämmigen Künstler

Yigitt Atilla hab ich einen kleinen Remix maßge-

schneidert, das Feedback aus der Promo ist bisher

gut bis überwältigend. Für den Herbst ist ein Dop-

pel-Remix bei meinen guten Freunden von LikeBirdz

geplant, die Nummer zwei kommt da wiederum

von Thomas. Es bleibt spannend.

6 FRAGEN AN ...

METATEXT

Hinter dem Act „Metatext“ steckt deutlich mehr

als nur „ein Act“: Ein Gesicht, eine Person, viele

Facetten.