piste Hamburg 03/2017 - page 12

012
PISTE.DE
CITY NEWS
| PISTE PERSÖNLICH
PASCAL
KEROUCHE
VON SCHNAPPSCHÜSSEN
UND SCHNAPSIDEEN
WIE IST ES ZU DEN SNAPSHOT STORIES GEKOMMEN?
Das Buch ist aus meiner Zeit in New York und Los Angeles entstanden.
Nach dem Abi wusste ich nicht so recht, was ich mit mir anfangen sollte,
ich hatte keinen Bock auf Ausbildung, wusste nicht, was ich hätte studie-
ren sollen, außerdem hatte ich keine Lust mehr auf Deutschland. Da ich
ein Hip-Hop-Kind bin, habe ich einen Flug nach New York gebucht, um
eine Doku über Underground-Hip-Hop in New York zu machen. Dort bin
ich in die Bronx, in eine Drei-Zimmer-Wohnung mit sechs anderen Jungs
gezogen – mit gerade mal genug Kohle in der Tasche für drei Croissants
vom Corner Store am Tag.
WAS IST AUS DER DOKU GEWORDEN?
Die zahllosen Mini-DVD-Tapes liegen noch in etlichen Umzugskartons bei
mir auf dem Dachboden (lacht). Das ist schlicht daran gescheitert, dass
ich außer dem tollen Titel „Breath Control. Life of an MC Grindin‘ for Air“
keinen roten Faden, kein Drehbuch, eigentlich nie wirklich einen richtigen
Plan hatte. Da ist das mit dem Fotografieren natürlich unmittelbarer.
WENN MAN SICH DEINE BILDER ANSCHAUT, DANN SCHEINST
DU JEMAND ZU SEIN, DEM MENSCHEN SCHNELL VERTRAUEN,
DEN SIE NAH AN SICH RANLASSEN, SELBST DIE RAP-PROMI-
NENZ. WOHER KOMMT DAS?
Ich denke, man muss einfach neugierig und offen sein. Wenn man
sich ein bisschen für die Kultur interessiert und für die Leute, dann ist es
viel leichter als in Deutschland, solche Kontakte zu knüpfen. Aber die
Rap-Szene ist auch eine recht kompakte Szene, da spricht sich alles
schnell rum.
WIE VIEL ZUFALL STECKT IN EINEM PROJEKT WIE DIESEM?
100 Prozent. Zufall und Fleiß. Fleiß zahlt sich in Amerika einfach viel
mehr aus als in Deutschland. Wenn du fleißig genug bist, kommst du
automatisch in Situationen, in Glücksmomente herein.
ZUR RICHTIGEN ZEIT AM RICHTIGEN ORT ALSO?
Genau. Ich war eben immer überall. Und ich war der Außenseiter, der nicht
von dort kommt. Davon gab es viele, klar, aber ich habe einfach immer ein
bisschen mehr gemacht als alle andern, habe meinen Schlaf auf vier Stunden
reduziert – und einfach gearbeitet. Ich habe beispielsweise nach Konzerten
oder Studio-Sessions noch in der Nacht die Bilder bearbeitet und verschickt.
Diese Einstellung wird mir heute noch hoch angerechnet. Dadurch habe ich
während meiner sieben Jahre an der Ost- und Westküste irgendwann tatsäch-
lich auch sehr gut von meiner Arbeit gelebt.
WELCHEISTDIEGESCHICHTE,DIEDIRLEUTENIEGLAUBEN,WENNDUSIE
ERZÄHLST?
Eigentlich alles, was Snoop Dogg angeht. Die Leute denken halt immer: OK,
der kennt den, weil er ihn halt mal fotografiert hat. Aber mit Snoop war das
anders. Das war viel persönlicher und viel intensiver. Ich war mit ihm in Studio,
mit ihm auf Tour in Europa. Er ist ein wirklich guter Freund geworden. Wir
haben gerade vor ein paar Wochen noch per Facetime gesprochen.
WELCHES IST DEIN PERSÖNLICHES LIEBLINGSBILD?
Eines von Freunden aus Queens, mit denen ich in der Nähe vom Madison
Square Garden in Manhattan unterwegs war. Die wollten kiffen und dann
haben wir uns eben diesen Hinterhof ausgesucht, wo sie auf den Mauern
und Feuerleitern rumhängen. Das Bild ist also gar nicht so ghetto, wie es
aussieht (lacht). Von den zehn Leuten auf dem Bild sind mittlerweile leider
sechs verstorben.
WAS SIND DEINE LIEBLINGSORTE IN HAMBURG?
Im Sommer ganz klar der Supermercato auf dem Schulterblatt. Bei
Anna essen mein Sohn Miles und ich samstags immer Nudeln mit
Pesto. Der Kleine Donner ist quasi mein zweites Wohnzimmer. Und
dann ist da meine Wohnung. Ich bin ganz gerne mal daheim.
Infos zu Pascal, den Shnapshot Stories sowie weiteren Projekten unter:
pascalkerouche.com
Einfach mal machen – das
scheint eine Art Motto von
Pascal Kerouche zu sein. Wie er
auf diese Art vom Hip-Hop-Kind
zum Hausfotografen von Snoop
Dogg wurde, das erzählt er in
Bild und Wort in seinem per
Crowdfunding
finanzierten
und in Eigenregie verlegten,
288 Seiten starken Bildband
„Snapshot Stories“.
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11 13,14,15,16,17,18,19,20,21,22,...84
Powered by FlippingBook