piste Hamburg 03/2017 - page 46

KULTUR
| DIES - DAS / DEUTSCHRAP MIT FALK SCHACHT
046
PISTE.DE
FALK SCHACHT
Neulich habe ich auf der Aftershow-
Party von Matthias Schweighöfers
Release-Konzert zu seinem Album
„Lachen, Weinen, Tanzen“ auf-
gelegt. Mein Auftrag war Classic
Deutsch- und US-Rap zu spielen. Ext-
ra Wunsch vom Chef persönlich. Ich
musste „lachen“
und habe mich
gefreut. Warum
der mich bucht?
Weil er weiß,
was er bekommt.
Seine Fans hin-
gegen wussten
das nicht. Ich
glaube, ich habe
noch nie so viele Wünsche an einem
Abend abgelehnt. Einige der zahl-
reichen Damen mussten „weinen“.
Was passierte am Ende? Die Damen
mussten trotzdem „tanzen“. Mein
persönliches Highlight war dann ein
Früh-Sechziger Herr, der sich von mir
persönlich verabschiedete und mir
dankte für die „tolle Musik“. Er hät-
te nichts gekannt, aber es wäre alles
„groovy“ gewesen.
Das beschreibt mich ganz gut denke
ich. Ich bin immer auf der Suche nach
frischer neuer Musik, die leider NIE
im Radio gespielt wird. Und ich mag
die eckigen und sperrigen Künstler.
Diese werde ich euch ab sofort an
dieser Stelle vorstellen.
© Delia Baum
KOLUMNE
MC
RENE
17. MÄRZ | WAAGENBAU
MC Rene ist das Steh-auf-Mänchen
des deutschen Raps. Anfang der
90er Jahre als 14-jähriges Freesty-
le-Ausnahmen-Talent, durfte er sofort
vom Kindertisch an die Tafelrunde wechseln, wo das Königliche Geschlecht des deutschen Raps speiste.
Torch, Toni L, Scopeman, Cora E, die Beginner - alle liebten diesen Jungen. Nach seinem Debut-Album 1995,
dem Sido knapp zehn Jahre später auf seinem Debut Tribut zollte, ging es aufgrund von schlechten Verträgen
erst mal von der Bühne in den Supermarkt, Regale auffüllen. Es folgte Ende der 90s das Comeback mit DJ
Tomekk in die deutschen Top Ten. Neuer Plattenvertrag und ein Job als Viva-Moderator, und danach als Oliver
Pochers Sidekick mit Option auf Comedy-Formate. Wieder mal schlecht beraten, folgte der zweite Absturz ins
Call Center. Versicherungen verkaufen als Frank Eckert. Knapp acht Jahre später am Boden liegend, entschied
er sich auf alle gesellschaftliche Konformität zu scheißen, verkaufte alles, was er besaß und leistete sich eine
Bahncard 100. Von dem Tag an lebt er drei Jahre in den Zügen der deutschen Bahn. Bis 2013 dokumentierte
er alles und veröffentlichte ein Buch, das in die Top Ten der Spiegel-Charts einstieg. Es folgten drei grandiose
Alben, die ihn bei Alt und Jung neu etablierten. Den Rest zeigt die Geschichte.
waagenbau.com
JOHNNY
RAKETE
01. APRIL | KLEINER DONNER
Johnny Rakete ist das, was man in Bayern ein „Zi-
garetten Bürscherl“ nennt. Auf norddeutsch heißt das
„Lauch“. Seine Hobbys sind rappen und kiffen. Und
beides kann er sehr gut. Musikalisch bewiesen hat er
das auf einer Reihe von EPs die alle im 90s Sound
gehalten waren und ihm viel Liebe in Rap-Echt-Hal-
ter-Kreisen eingebracht hat. Return of the Boom
Bap. Was seine grüne Brille betrifft, gilt folgender
Ausspruch von ihm: „Wenn ihr beim kiffen drei mal
laut „Rakete“ sagt, erscheine ich aus dem Nichts und
rauche euch den Joint weg.“
kleiner-donner.de
AHZUJMOT &
CHIMA EDE
31. MÄRZ | TURMZIMMER
Ahzumjot ist ein Kind dieser Stadt. Auch wenn es ihn
nach Berlin verschlagen hat, der Humor ist und bleibt
typisch hanseatisch trocken. Das spiegelt sich auch
in seinen Texten wieder, die voller Anspielungen auf
die Irrungen und Wirrungen des Lebens einen Twen-
tysomethings in der Großstadt sind. Party hier, Social
Media da, nichts im Kühlschrank aber neue Sneaker
am Fuss. Das ist Ahzumjot. Dabei werden Einflüsse von
Drake bis Kool Savas vebraten. Chima Ede ist das me-
lancholische Gegenstück zu Ahzumjot. Wenn er da-
von erzählt, wie seine Beziehungen scheitern, er mit
seinen Freunden fremdelt (oder wahlweise sie mit ihm)
und er nicht aufhören kann zu rauchen, obwohl seine
Mutter an Lungekrebs gestorben ist, dann möchte man
ihn in den Arm nehmen. Dabei muss man nur vorsich-
tig sein, den live geht der Kollege durch die Decke.
uebelundgefaehrlich.com
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