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PISTE.DE
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kult
ur
INTERVIEW
|
Euer neues Album ist jetzt
draußen. Könnt ihr uns
zuerst verraten, was der
Name „Aelita“ bedeutet?
Gustaf:
Es ist ein russischer Frau-
enname, aber auch der eines
Synthesizers. Wir haben ihn
Second Hand gekauft. Er hat sich
nicht so verhalten, wie wir erwar-
teten. Er war mehr wie ein Tier,
wie etwas Lebendiges. Wir
betrachteten die Technologie des-
halb als Biologie. Es ist eher ver-
gleichbar damit, ein Pferd zu rei-
ten, als Auto zu fahren. Wir
haben anders gespielt und das
war der Beginn des Albums. Du
musst einen Weg gehen, den du
niemals vorher beschritten hast.
Wann immer wir etwas tun, das
ein bisschen aus der Reihe fällt,
fragen uns alle: Was zur Hölle tut
ihr da? Wenn man älter wird,
bekommt man mehr Selbstbe-
wusstsein. Man beginnt zu verste-
hen, dass das Gehirn auch ein
Instrument ist. Man ist wie ein
Jedi.
Und welcher der neuen
Songs hat bei der Produk-
tion am längsten gedauert?
Björn: Es war ein sehr langer Pro-
zess. Wir hatten diese schwedi-
sche Aufnahme, die wir zur glei-
chen Zeit gemacht haben. Davor
hatten wir dieses Caligula-Projekt
und davor MTV Unplugged. Es
waren also vier verrückte Jahre, in
denen wir Alben herausgebracht
haben. Wir finden das gut. Wir
verstehen nicht, warum man nicht
ständig neue Alben herausbrin-
gen sollte. Das ist das Beste!
Gustaf: Außerdem ist einer unse-
rer engsten Freunde, der Drum-
mer von der Band meines Bruders
(Sugarplum Fairy), Kristian Gid-
lund, vor sechs Monaten gestor-
ben. Und seine Reise war entsetz-
lich hart für uns, weil wir Musik
immer als Therapie benutzt
haben. Wir haben eine Menge
Scheiße gesungen, die wir gar
nicht so meinten. Ich denke nicht,
dass alles von Herzen kommen
muss, aber wenn wir etwas sin-
gen wie "If I don`t have you, how
am I supposed to get it on and
how am I supposed to live", mei-
nen wir das so. Als wir diese
Lyrics zum ersten Mal sangen,
war es, als würde einem das Herz
zerquetscht. Es tat weh, als würde
man seine Hand auf eine heiße
Herdplatte legen. Wir sind Kristi-
an jetzt näher als zuvor, weil wir
mit ihm durch die Musik dieses
Albums kommunizieren. Als Kris-
tian wusste, dass er sterben
würde, sagte er nicht Nein zu Din-
gen, zu denen er vorher Nein
gesagt hat. Auf dieser Reise sind
wir ihm gefolgt.
Björn: Das hat uns sehr beein-
flusst. Wir wollen in Bewegung
bleiben.
Aber der Sound ist ja trotz-
dem positiv und hoffnungs-
voll.
Gustaf: Wir wurden immer inspi-
riert von Musik, die aus den dunk-
len Ecken der Gesellschaft
kommt. Deshalb lieben wir Black
Music so sehr. Sie kommt aus den
Ghettos, aber repräsentiert Hoff-
nungen.
Björn: Man kann dazu tanzen,
was das Wichtigste ist.
Gustaf: Aber wenn man sich die
Lyrics dieser Musik anhört, geht
es um Drogen, Gewalt, Prostituti-
on und furchtbare Moralansich-
ten. Wir haben uns davon inspi-
rieren lassen. Und wir lieben es
zu tanzen!
Was war der aufregendste
Moment in eurer Bandge-
schichte?
Björn: Es ist zwar ein Klischee,
aber es ist genau jetzt. Wir sind
gerade in einem Prozess, wir las-
sen etwas hinter uns und fangen
ein neues Kapitel an. Und das
fühlt sich an, als hätten wir nicht
mal fünf Prozent unseres Könnens
gezeigt.
In der Zeit mit Mando Diao
habt ihr einige Konzerte
gespielt. Welche mögt ihr
lieber, die in Clubs oder auf
Festivalbühnen?
Gustaf: Das Beste an den Club-
Touren ist, dass man durch so
viele Städte reist.
Björn: Man sieht das Nachtle-
ben, was uns schon immer sehr
inspiriert hat.
Gustaf: Was an Festivals so fas-
zinierend ist, sind die 50.000
Menschen, die Eins sind. Wenn
man auf der Bühne steht, sieht
man nur eine Masse, die sich
zusammen bewegt. Aber der
Rest macht auf Club-Touren mehr
Spaß.
Björn: Weil man mit seiner Kunst
keine Kompromisse schließen
muss.
Gustaf: Man ist auch fokussier-
ter. Weil man die Hauptattrak-
tion ist, will man dem Publikum
etwas bieten.
Welche drei Dinge nehmt
ihr immer mit auf Tour?
Björn: Meinen Computer, auf
dem wir Ideen und Sounds sam-
meln.
Gustaf: Zu behaupten, wir
wären Gitarristen oder Keyboar-
der, ist dumm. Wir sind in einer
Generation geboren, die Com-
puter benutzt. Und heutzutage ist
man auch sozial vernetzt. Jetzt
ist es viel einfacher, ein Musiker
zu sein.
Björn: Außerdem nehmen wir
Aloe Vera mit.
Gustaf: Man kann es trinken,
essen und schniefen. Aloe Vera
ist magisch. Aber ich packe
keine Klamotten mehr, die sind
immer schon gepackt. Nur mich
und meinen Computer.
mandodiao.com
MANDO DIAO
SPRECHEN ÜBER IHREN NEUEN STIL
Am 02. Mai erscheint ihr
siebtes Studioalbum. Man
darf gespannt sein, denn
die Schweden haben
erneut bewiesen, dass
man sie musikalisch nicht
so leicht einordnen kann.
Über die Gründe für den
neuen „alten“ Sound
haben wir uns mit Björn
und Gustaf unterhalten.
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