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MARC PFÖRTNER IM INTERVIEW

MARC PFÖRTNER IM INTERVIEW


News vom 12.11.2019 - Stand: 12.11.2019 22:54

MARC PFÖRTNER IST DER INITIATOR DES SCHANZPAULIFUNKS UND BETREIBT SCHON LANGE SEIN TONSTUDIO IN DEN KATAKOMBEN AM BEGINN DER SCHANZENSTRASSE. MARC, WAS HAT DICH DAZU BEWEGT EIN TONSTUDIO ZU BETREIBEN. Früher hatte ich den Traum Musiker zu werden und habe viele Jahre daran gearbeitet. 1987 hat das hier begonnen als Proberaum. Es hatte viele feuchte Wände, dicke braune Teppiche, die wir als Isolation nutzen wollten. Umgekippte Bongs, Bierdosen und Aschenbecher lagen herum. Typisch Rock `n Roll zu dieser Zeit. An dem Zeitpunkt, an dem ich ernsthaft anfangen wollte Musik zu machen, haben wir hier alles umgebaut. Anfang der 90er bauten wir sozusagen einen Raum in einen Raum. Das hatte den Grund, dass für den Nachbarn alles zu laut war, auch wenn jemand Blockflöte spielte. Mitte, Ende der Neunziger fingen wir wirklich an tätig im Musikgeschäft zu werden. Wir machten selber Musik und nahmen auch viele Bands bei uns auf. Das Ganze lief bis 2003 oder 2005 Überlegten wir uns dann in eine andere Richtung zu gehen, da wir erstmal schlecht und auch immer viel zu spät von der Musikindustrie bezahlt wurden. Das führte oft auch zu Komplikationen. Wir entschlossen uns dann selber Musik zu machen, produzieren und es dann auch selbst an Film und Fernsehen zu verkaufen.
WIR SITZEN GERADE IN EINEM STUDIO, IN DEM SCHON LEGENDÄRE KÜNSTLER GESPIELT HABEN. Legendär kommt immer darauf an. Ein Highlight war Nils (3:45) wir haben hier ein Album mit ihm aufgenommen. Unser letztes Projekt war mit einer Berliner Band namens Poolstar. Ab dem Zeitpunkt, also 2005 haben wir dann beschlossen in eine kommerzielle Richtung zu gehen. Wir wollten nicht mehr im Probenraum stehen und streiten, weil jemand ein Solo will, etwas nicht rockig genug sei oder man es anders wollte. Das gute, wenn man Musik macht, die gefordert wird ist, dass man eine Zielvorgabe hat. Die muss man erfüllen, da geht’s dann nicht darum, ob es einem gefällt oder nicht, das Ziel muss halt erreicht werden. Das haben wir dann ein paar Jahre gemacht. Dann sind wir aber fast vollständig aus dem Bereich Produktion heraus gegangen. Wir machen immer mal wieder kleine Sachen. Hauptsächlich machen wir jetzt Vertonung. Das bedeutet, dass wir alles, was im Film an Geräuschen zu hören ist, machen.
SEIT MITTE DER 80ER BIST DU IN DER SCHANZE AKTIV. WIE WAR FÜR DICH DIE ENTWICKLUNG DER SCHANZE VON DAMALS ZU HEUTE? Rapide. Die Entwicklung war rapide zur Gentrifizierung hin. Ich kann mich auch noch an die Bezeichnung „Yuppie-Stadtteil“ erinnern. In den Stadtteil haben sich die Leute damals teilweise nicht hinein getraut. Meine Eltern haben auch immer gesagt, es sei gefährlich, als ich dort anfing zu arbeiten. Ich erinnere mich auch noch an Szenen wo die Hells Angels 1985 mit dem Moped ins Pickenpack gefahren sind. In den Clubs lief eigentlich meistens den ganzen Tag Punk-Rock oder andere Musik in diese Richtung. Damals gab es hier keine Diversität in der Musik, wie es heute der Fall ist. Damals kostete ein Bier auch nur eine Mark. Ich kann mich an Nächte erinnern, an denen – ich sage mal – Schanzenspiele am ersten Mai
gemacht wurden. Es brannten Telefonzellen oder Mülltonnen wurde umgestoßen. Damals sind hier Leute mit politischem Hintergrund auf die Straße gegangen und haben auf Missstände aufmerksam gemacht. Es geht mit nicht um den schwarzen Block oder die Hafenstraße. In der Hafenstraße habe ich persönlich sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Ich bin als Zuhörer dorthin gegangen und wurde dort von anderen heraus kompromittiert, weil ich eine rote Jacke anhatte. Ich besaß keine schwarze Jacke. Das war, genauso doof, wie manch andere politische Einstellung. Wie gesagt hat sich hier sehr viel geändert. Es gibt diese ganzen besetzten Häuser nicht mehr. Ich glaube, die rote Flora ist das Einzige, was übriggeblieben ist. Vielleicht noch Erikas Eck. Bei der Flora gibt es vielleicht noch ein paar Läden, die bestand haben. Der Rest wurde einmal ausgetauscht. Früher gab es Schlachter, verschiedene Fisch-Händler wenn du Gemüse kaufen wolltest, dann konntest du zum Türken gehen und dort Gemüse kaufen. Heute gibt es nur noch Espresso-Bars und einen Rewe-City.
WAS HAT DICH BEWEGT DIESEN PODCAST ZU INITIIEREN? Ich habe seit längerer Zeit schon Podcasts gehört. Zur Zeit von G20 hatte meine Frau einen gebrochenen Fuß und ich war mit ihr zuhause, um sie zu bemuttern. Ich habe mich dann über einen Youtube-Stream und über Telefon zu den Kollegen auf dem Laufenden gehalten, ob das Studio oder der Weinladen Uwes brannte. Mir ist bei der Berichterstattung durchs Fernsehen aufgefallen, dass die Schanze immer als radikal und brutal bezeichnet wurde. Ich wollte, dass nicht irgendwelche Leute von außerhalb über St.Pauli und die Schanze berichteten. Viel besser wäre es, wenn Personen, die hier leben und den Stadtteil kennen über diesen Stadtteil erzählen, so wie er ist.
WIE KAM DIE AUSWAHL ZU DIESEM SEHR BUNTEN RE- DAKTIONSTEAM? Du (Gideon) übernimmst zum Beispiel den Bereich Musik. Markus haben wir dem Thema Leben zugeordnet. Er lebt in der Schanze, er feiert in der Schanze und ist immer hier unterwegs. Dann gaben wir die Silvi, die ist auch zum Teil im Bereich Musik unterwegs, aber eher im Bereich PunkRock. Sie ist außerdem Filmemacherin. Dann haben wir noch die Biene O., die ist ne richtige Zecke, das hat sie mir vorher auch bereits gesagt. Sie fragte, ob sie sich auch mit den Gästen streiten könne. Solange sie ein rundes Ding daraus macht soll sie es machen. Ise ist immer eher kontrovers in Diskussionen. Was genau sie macht, soll sie am besten selber mal erklären. Ich habe schon Leute im Kopf, die ich gerne hier haben möchte. Das sind dann Leute, die hier leben und hier unterwegs sind.

 


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