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SEWAN LATCHINIAN IM INTERVIEW
News vom 03.04.2019 - Stand: 03.04.2019 14:04
SEWAN
LATCHINIAN
IM INTERVIEW
SEIT 17. MÄRZ STEHEN SIE ALS SCHAUSPIELER BEI DEN HAMBURGER
KAMMERSPIELEN IN DEM STÜCK „DIE NERVENSÄGE“ AUF DER
BÜHNE. WELCHE ROLLE SPIELEN SIE DA GENAU?
In der mordskomischen Komödie „Die Nervensäge“ spiele ich den Killer
Ralph, der aus einem Hotelfenster heraus einen Kronzeugen liquidieren
soll. Im Nebenzimmer checkt ein enttäuschter Liebender ein, der Selbstmord
begehen will. Da beide Zimmer eine Verbindungstür haben, wird
weder aus dem Auftrags- noch aus dem Selbstmord etwas. Schönerweise
hat das Hamburger Publikum diese heitere Hymne ans Leben begeistert
aufgenommen.
ALS THEATERREGISSEUR INSZENIEREN SIE DAS NEUE STÜCK „NEIN
ZUM GELD“. DESSEN PREMIERE IST AM 28. APRIL AN DEN HAMBURGER
KAMMERSPIELEN. WOHER KAM DIE IDEE DAZU?
Nach der anstrengenden, aber beglückenden Arbeit als Schauspieler in
einer schrägen Verwechslungsklamotte freue ich mich nun auf diese
schwarze Komödie mit tieferem Sinn und psychologischerer Komik. Die
französische Autorin Flavia Coste hat dieses Stück vor drei Jahren verfasst
und die Hamburger Kammerspiele sind nach dem Berliner Renaissance
Theater die zweite deutsche Bühne, die den Publikumserfolg aus Frankreich
herausbringen. Die Art, wie in dieser Geschichte die Frage nach den
echten Werten gestellt und darüber hinaus überlegt wird, ob das Geld
tatsächlich den kleinsten und größten gemeinsamen Nenner der Menschheit
darstellt, ist mir sehr lieb, ist hoch aktuell und in dieser Konstellation
auch schreiend komisch. Denn es ist in unserem Leben tatsächlich inzwischen
so, dass das Geld nicht mehr nur Mittel zum Zweck, sondern zum
Selbstzweck verkommen ist.
NACH WELCHEN KRITERIEN HABEN SIE DIE SCHAUSPIEL-KOLLEGEN
BEI „NEIN ZUM GELD!“ AUSGESUCHT?
Das wichtigste Kriterium bei der Wahl von Schauspielerinnen und Schauspielern
an den Hamburger Kammerspielen ist immer die professionelle
Qualität. Diesmal wird mit Götz Schubert ein absoluter Theaterstar und
dazu prominenter Fernsehschauspieler auf der Bühne stehen. Die mit ihm
im Ensemble agierenden Hannelore Droege, Juschka Spitzer und Ulrich
Bähnk sind ebenfalls sehr beliebt und erfolgreich.
NACH MÜNCHEN, DÜSSELDORF, LEIPZIG, BERLIN, SENFTENBERG
UND ROSTOCK ARBEITEN SIE NUN IN HAMBURG. UND SOGAR AB
DER NEUEN SPIELZEIT ALS KÜNSTLERISCHER LEITER IM LEITUNGSTEAM.
GIBT ES SCHON ERSTE PLÄNE WAS AUF DER BÜHNE PASSIEREN
WERDEN WIRD?
Ich freue mich sehr auf die neue Tätigkeit an der Seite von Intendant Axel
Schneider und Chefdramaturgin Anja Del Caro und genieße es momentan
in der Vorbereitungsphase sehr, mehr Fragen stellen zu dürfen als schon
Antworten geben zu müssen. Die Kammerspiele sind ein sehr gut aufgestelltes
Haus, welches auf viele Erfolge verweisen kann. Insofern können
wir uns den Luxus leisten, diese gute Situation und uns selbst freiwillig in
Frage zu stellen, um noch besser zu werden. Da ich erst seit Kurzem vom
Ostseestrand meiner vorherigen Wirkungsstätte an den Elbstrand
gewechselt bin, gab es hier freilich schon längerfristig geplante Projekte
für die nächste Spielzeit, aber auch noch einige Lücken, so dass erste
Neuerungen erst nach und nach möglich sind. Sicherlich werden wir auf
der baldigen Pressekonferenz zur nächsten Spielzeit aber schon einige
punktuelle Neuerungen kommunizieren können. Auf jeden Fall wird es
spannend!
PENDELN SIE NOCH FÜR ANDERE THEATERAUFGABEN IN ANDERE
STÄDTE?
Nein, ich möchte mich voll und ganz auf Hamburg und meine Tätigkeit in
den Kammerspielen fokussieren.
SIE HABEN JA AUCH IN FILM UND FERNSEHPRODUKTIONEN MITGEWIRKT.
VERMISSEN SIE DIESE TÄTIGKEIT? ODER HABEN SIE DA
PARALLEL EIN NEUES PROJEKT GEPLANT?
Nach meinen Anfangsjahren als Schauspieler am Deutschen Theater Berlin
konnte ich dort erste Regiearbeiten übernehmen, erhielt anschließend
sehr viele Angebote als Gastregisseur an verschiedensten Bühnen und
habe mich schon damals für die Priorität der Theaterarbeit und gegen Filmund
Fernsehangebote entschieden. Diese Priorität habe ich auch später als
Theaterleiter beibehalten und vermisse Dreharbeiten nicht. Darüber hinaus
bin ich Autor einiger Theaterstücke und schreibe seit einigen Jahren an
einem großen Roman. Dieses Projekt liegt mir momentan parallel besonders
am Herzen.
WIE BEURTEILEN SIE DERZEIT DIE HAMBURGER THEATERSZENE?
Ich komme ja gerade erst hier an und hatte bereits aus der Vergangenheit
im Schauspielhaus, im Thalia Theater, auf Kampnagel und im
Ernst-Deutsch-Theater beste Erinnerungen an tolle Theaterlebnisse. So
demütig wie ich die Hamburger Kammerspiele beobachte und kennenlerne
so respektvoll neugierig bin ich auf die gesamte Theaterszene. Eine
Beurteilung zum jetzigen Zeitpunkt wäre in meinen Augen aber
vorschnell.
WENN SIE MAL NICHT AUF DER BÜHNE STEHEN ODER EIN NEUES
THEATERSTÜCK ENTWICKELN. WOFÜR BEGEISTERN SIE SICH
DANN AM MEISTEN?
Selber kochen, im Garten vor mich hinglotzen, meine Kinder und Enkel.
WAS GEFÄLLT IHNEN IN HAMBURG BEREITS AM BESTEN UND WAS
WOLLEN SIE NOCH UNBEDINGT MAL MIT EIGENEN AUGEN HIER
SEHEN ODER ERLEBEN; PROBIEREN ODER KENNENLERNEN?
Mir imponiert besonders, dass das Publikum und die Medien die Theater
lieben. Außerdem genieße ich das Flair einer echten Weltstadt und einer
wirklichen Hansestadt. Ich schätze die hohe Lebensqualität an der Elbe
und lasse mich gerne weiter überraschen – schöner Weise hatte ich bisher
nur positive Überraschungen.
Interview: Ute Laukner
Foto © AFP
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