City-News

PISTE PERSÖNLICH: MELANIE ZIMMERMANN

PISTE PERSÖNLICH: MELANIE ZIMMERMANN


News vom 23.02.2018 - Stand: 06.06.2018 10:09

Location: Kampnagel


IM INTERVIEW

Melanie Zimmermann hat mitten in ihrem Büro auf Kampnagel ein Stück Tanzteppich ausgerollt. Darauf steht sie und streckt ihre Arme in alle Richtungen. „Los macht mit“, fordert sie die Kollegen auf, „ein bisschen Bewegung tut so gut.“ Ihren Job als Dramaturgin macht sie in der Regel vom Schreibtisch aus. Melanie Zimmermann ist für das Tanzprogramm auf Kampnagel verantwortlich. Dafür ist sie viel auf Reisen, schaut in der ganzen Welt neue Stücke an und trifft Künstler, die sie nach Hamburg einladen möchte. Ihre Leidenschaft ist es, das Hamburger Publikum für den zeitgenössischen Tanz zu begeistern, zum Beispiel mit dem FOKUS TANZ: FAUX PAS VOM 15. BIS 18. FEBRUAR AUF KAMPNAGEL.

 

TANZT DU GERN SELBST? 

Klar! Ich habe mit vier angefangen, aber leider schon früh feststellen müssen, dass ich als Tänzerin nichts tauge. Also habe ich es als Hobby weitergemacht. Ein Höhepunkt war nochmal ein Tanzstipendium in Wien als ich mit professionellen Tänzern und Tänzerinnen aus der ganzen Welt sechs Wochen am Stück Workshops aller Art gemacht habe – da merkt man einfach, welche Intelligenz im Körper steckt, und dass die Trennung von Körper und Geist eine völlig überholte Sache ist. Deshalb finde ich es auch schade, dass Tanz in der Schule nicht eine viel größere Rolle spielt. Die Beschäftigung mit dem Körper ist eine tolle Grundlage, generell mit Gender-Konstruktionen umzugehen und gesellschaftliche Hierarchien infrage zu stellen. Seitdem ich Kinder habe, merke ich auch, dass der Tanzunterricht meistens auf die Bedürfnisse der Mädchen ausgerichtet ist. Die Jungs müssen sich anpassen. Da wollen wir gegensteuern und bieten zum Beispiel am Wochenende 17. und 18. März verschiedene Workshops an: eine Babydisco mit richtigem DJ für die ganz Kleinen. Einen Choreografie-Workshop für Grundschulkinder, die eben nicht Ballett tanzen, sondern ein Gefühl für die Wirkung von Bewegung kriegen sollen. Und es gibt auch einen echten Einsteiger-Workshop für Erwachsene, in dem die Hamburger Choreografin Ursina Tossi vermittelt, wie man sich in einen Werwolf verwandeln kann.  

BALLETT, HIPHOP, TANZTHEATER … – DAS MEDIUM TANZ IST SO VIELFÄLTIG. KANNST DU BESCHREIBEN, WORIN SICH ALL DIESE STILRICHTUNGEN UNTERSCHEIDEN UND WAS DICH AM TANZ BESONDERS FASZINIERT?

Tanz ist immer auch ein Ausdruck kultureller Identitäten: Ballett ist Ausdruck der europäischen Hochkultur, Breakdance kommt aus der schwarzen amerikanischen Jugendkultur usw. Wie vielfältig die unterschiedlichen Formen des Tanzes sind, merkt man erst, wenn man sich damit eingehender beschäftigt. Mich faszinieren eigentlich alle Tanzrichtungen – denn es geht immer darum, was die Körper, die Bewegungen vermitteln und wie sie mich als Zuschauerin berühren. In unserem Tanzschwerpunkt im Februar zeigen wir deshalb bewusst Arbeiten von vier internationalen Künstlern, die alle völlig unterschiedlich sind.

WELCHES STÜCK EMPFIEHLST DU „TANZ“-ANFÄNGERN BESONDERS?

Das Stück „Frühlingsopfer/Rito de Primavera“ von José Vidal, einem Choreografen aus Chile, der zu seinem eigenen 25-köpfigen Tanzensemble zusätzlich 25 Tänzer aus Hamburg gecastet hat. Allein die Energie, die von 50 Leuten auf der Bühne ausgeht, ist enorm. Außerdem sitzt das Publikum an vier Seiten um die Bühne herum und ist sehr nah am Geschehen – und hat am Ende sogar die Gelegenheit, selbst mitzutanzen. Außerdem hat das Stück einen hinreißenden Soundtrack. Wer nicht auf Tanz steht, den macht auf jeden Fall die Musik glücklich!

Und das neue Stück der Hamburger Choreografin Antje Pfundtner. Sie hat eine sehr poetische, humorvolle Handschrift entwickelt, die sehr zugänglich ist. Außerdem ist sie eine der wichtigsten Vertreterinnen der lokalen Szene, die sollte man ohnehin kennenlernen!

MUSS MAN SICH IN DER TANZGESCHICHTE AUSKENNEN, UM MIT DEN STÜCKEN, DIE AUF KAMPNAGEL GEZEIGT WERDEN, ETWAS ANFANGEN ZU KÖNNEN?

Nein! Ich weiß, dass der Tanz ab und zu elitär daherkommt. Aber es geht ja überhaupt nicht darum, irgendwas verstehen zu müssen. Es gibt immer eine Oberfläche, zu der jeder einen Zugang findet. Für die Backgroundinfos gibt es dann Publikumsgespräche und eben die Workshops. Und ich bin auch immer für eine spontan-Einführung zu haben und werde die ganze Zeit da sein. Also bitte ansprechen!! Ich kenne das Material gut, es ist schließlich mein Beruf.

 

 

Foto: (c) Janto Djassi

Link: kampnagel.de


zurück auf Facebook teilen teilen

Das könnte dich auch interessieren