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Wer hat sich nicht schon über die Auto fahrenden Verkehrserzieher
mit oder ohne Hut auf den Straßen geärgert? Nicht selten führt
diese eigenmächtige Verkehrserziehung zu sehr brenzligen
Situationen oder Ver-
kehrsunfällen. Der Ge-
setzgeber spricht von
einer Nötigung, wenn je-
mand einen Menschen mit
„Gewalt oder durch Dro-
hung mit einem empfindli-
chen Übel zu einer
Handlung, Duldung oder
Unterlassung zwingt“.
Wer nun genauso schlau
wie vorher ist, bleibt
damit nicht allein. Auch die verschiedenen Instanzen der Gerichts-
barkeit hat der § 240 des Strafgesetzbuches immer wieder be-
schäftigt. Dem Gewaltbegriff kommt dabei in der Praxis eine
besondere Bedeutung zu. Das Bundesverfassungsgericht stellte mit
seiner Entscheidung aus dem Jahre 1995 zu den Sitzblockaden klar,
dass Gewalt bei einer bloßen psychischen Zwangswirkung auf das
Opfer nicht gegeben ist, sondern erst, wenn sich eine physische,
körperliche Zwangswirkung einstellt.
Folgende Praxisbeispiele mögen dem Leser bessere Klarheit ver-
schaffen. Zu bedenken bleibt jedoch, dass immer die Umstände des
Einzelfalles für die strafrechtliche Bewertung maßgeblich bleiben.
Der auf der Autobahn hupende und links blinkende Autofahrer auf
der Überholspur belästigt den Vordermann zwar, begeht jedoch al-
lein dadurch noch keine Nötigung. Anders sieht es aus, wenn er
unter Missachtung des Sicherheitsabstandes dicht an den Voraus-
fahrenden auffährt. Geschieht dies mit einiger Dauer und mit grö-
ßerer Intensität, so liegt entweder Gewalt oder die Drohung mit
einem empfindlichen Übel vor, somit (zumindest) eine Nötigung.
Wird durch einen Drängler auf einen Abstand von unter 5 Metern
zum vorausfahrenden Fahrzeug aufgefahren, so liegt auch bei einem
kurzzeitigen Verstoß zumindest eine Nötigung vor. Wie verhält es
sich nun mit dem vorausfahrenden Fahrzeugführer? Wer einen
Drängler hinter sich hat und kurz die Bremse antippt, so dass die
Bremslichter aufleuchten, begeht zumindest solange keine Nötigung,
als keine Verlangsamung der Fahrt stattfindet. Obwohl das Ober-
landesgericht Köln in dieser Entscheidung Gewalt wegen fehlender
körperlicher Zwangswirkung verneint hat, bleibt von einem solchen
Vorgehen dringend abzuraten. Der Straßenverkehr taugt nicht zur Er-
ziehung anderer Verkehrsteilnehmer. Der
Preis bei einem so verursachten Unfall ist
meist von allen Beteiligten zu zahlen.
Beliebt ist auch das Schneiden eines
Fahrzeuges und das Überholen mit an-
schließendem Ausbremsen des Überhol-
ten. Dies erfüllt zweifellos den Tatbestand
einer Nötigung. Bei einem Fahrbahn-
wechsel ist eine Nötigung dann gege-
ben, wenn dieser in einer solch kurzen
Entfernung vom Hintermann durchgeführt
wird, dass dieser stark abbremsen muss. Wer verhindert, dass er
überholt wird, begeht zumindest dann eine Nötigung, wenn dies
nicht nur ganz kurzfristig geschieht. Wie der Bundesgerichtshof
schon am Anfang der 60er Jahre entschieden hatte, ist dieses Ver-
halten verwerflich, wenn der andere Verkehrsteilnehmer konkret oder
erheblich gefährdet wird. Auch eine schikanöse Fahrweise ist in die-
sem Sinne eine tatbestandsmäßige Nötigung, etwa durch eine völ-
lig grundlose und bewusste Verhinderung des Überholens, z.B. durch
gleichzeitiges Beschleunigen. Wer die Überholspur jedoch unter Aus-
nutzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht freigibt, begeht
in der Regel keine Nötigung.
Bei allen Problemen rund ums Auto stehen wir Euch gern zur Seite!
Eure Rechtsanwälte Pagel & Pauly
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WENN AUTARKE „VERKEHRSERZIEHUNG“ ZUR STRAFTAT WIRD...
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