Seite 33 - Piste HH September 12

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INTERVIEW
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PISTE
Die Platte „Wo es beginnt“ habt ihr selbst
produziert. Was war anders? Welche Erfahrun-
gen habt ihr gemacht?
SEBASTIAN
Wir werden das in Zukunft wahr-
scheinlich immer so machen, weil es erstaunlich gut
funktioniert hat und weil wir gelernt haben, dass es
sich lohnt, sich selber zu vertrauen. Uns wurde von
außen ganz oft geraten, unsere Alben selber zu pro-
duzieren. Wir selber waren aber immer noch so vor-
sichtig. Wir dachten, wir brauchen jemanden, der
das Chaos zusammenhält und von draußen noch-
mal drauf guckt, einem dem wir vertrauen und der
nah an der Band ist. Irgendwann haben wir dann
bei den Demos gemerkt, dass die schon so gut vor-
bereitet sind. Wir wussten schon ziemlich genau,
wie das ganze Album im Endeffekt klingen soll, da
waren auf einmal nur wir vier inklusive dem Tonin-
genieur im Studio und hatten dann echt viel zu tun.
Wir haben das sehr genossen. Wir konnten nieman-
dem die Verantwortung abgeben, die lag ganz bei
uns und das hat dann zur Folge, dass man sich am
Ende mit jedem Ton auf diesem Album umso mehr
identifizieren kann. Also, das war schon eine sehr
gute Erfahrung.
PISTE
Warum ein Apfel auf dem Cover?
SEBASTIAN
Hast du schon mal die Bibel gelesen?
PISTE
Ich kenne zumindest einige Stellen.
SEBASTIAN
Ich selber hab sie nicht gelesen, ich
bin auch nicht besonders gläubig, aber der Apfel,
der ist das Symbol des Ursprungs, angefangen mit
Adam und Eva. Wir sind keine religiöse Band
oder so, aber wir fanden den Vergleich mit dem
Titel des Albums ganz gut. Uns gefiel vor allem die
Umsetzung des Grafikers Dirk Rudolf, weil dieser
Apfel auch nicht ganz gewöhnlich aussieht. Der ist
stachelig mit Nieten dran und das fanden wir
ganz lustig. Vor allem aber sieht das für unser Ver-
ständnis einfach gut aus. Aber ich kann dich beru-
higen, du bist nicht die Einzige, die da nicht drauf
kommt, das kann durchaus mal passieren.
PISTE
Wie Ernst nehmt ihr gesunde Ernährung im
Touralltag?
SEBASTIAN
Also, es ist natürlich so, dass man
bisschen aufpassen muss, wenn man viel auf der
Piste ist. Man hat nunmal nicht den normalen Super-
markt als Nahrungsquelle, sondern auch gerne mal
Tankstellen oder McDonalds. Wir sind mittlerweile
überhaupt keine McDonalds Fans mehr, das kann
man ab und zu mal machen, aber auf Dauer fühlt
man sich nicht so fit. Wir schauen eben, dass wir
morgens im Hotel ein bisschen an Obst rankom-
men. Ich achte auch drauf, dass ich zwischendurch
auf jeden Fall mal einen Salat esse, aber es darf
dann auch bei uns definitiv mal deftig sein, zum Bei-
spiel mit einem Burger. Es gibt zwei bei uns in der
Band, die total fleischverrückt sind, dann haben wir
aber auch in der Crew und in der Band Vegetarier,
das ist also relativ ausgewogen und spontan bei
uns mit der Ernährung.
PISTE
Wie entsteht bei euch ein Song? Welche
Themen sind typisch Madsen?
SEBASTIAN
Ich schreibe alle Songs und es fällt
mir dabei immer so schwer mich selbst zu beob-
achten, weil ich eigentlich fast so wie in Trance
arbeite. Ich glaube, dass es so ist, dass es am
Anfang eine kleine Melodie und eine kleine Text-
zeile gibt, und dass ich dann anfange daraus
etwas zu bauen. So eine Textzeile, die spontan
aus mir heraus purzelt kann dann viel mehr
sagen, als ich am Anfang annehme. Bei diesem
Album war es nun so, dass bei uns persönlich
sehr viel passiert ist und ich durchaus auch was
zu erzählen hatte. Es ist textlich schon eine sehr
persönliche Platte geworden. Trotzdem war es
so, dass ich oft einfach mit irgendwas angefan-
gen hab und sich daraus dann erst eine
Geschichte entwickelte. Es gibt jetzt keine
Grundsatzregel, von wegen erst ist die Melodie
da und dann kommt der Text, manchmal kommt
das zusammen, manchmal fang ich auch nur mit
einer Textzeile an, das kann auch vorkommen.
PISTE
Basieren eure Lieder auf Erlebtem, oder
sind es fiktive Geschichten?
SEBASTIAN
Zum Großteil Erlebtem. Das ist
jetzt schon unser fünftes Album. Ich hab mir
natürlich auch vieles ausgedacht, oder mal eine
Beobachterposition eingenommen, das ist auch
mal ganz spannend. Trotzdem war es ganz erfri-
schend, einfach wieder über uns, oder über mich
zu schreiben.
PISTE
Ein Song heißt „Es wird schon wieder gut“
– glaubt ihr wirklich an Wunder?
SEBASTIAN
Das Stück ist das Persönlichste auf
dem Album, denn ich hab alle guten Gründe,
wieder an Wunder zu glauben. Ich bin aus fünf
Meter Höhe auf den Betonboden geknallt, und
dass ich jetzt nicht im Rollstuhl sitze, dass ist tat-
sächlich ein Wunder. Seitdem weiß ich, Kleinig-
keiten und das Leben generell wieder viel mehr
zu schätzen. Ich wollte einfach, um diesen Unfall
ein bisschen zu verarbeiten, ein Stück dazu
schreiben. Erstaunlicherweise checken das ganz
viele Leute nicht, über was ich da eigentlich sing,
das finde ich schon ganz lustig.
PISTE
Was verbindet ihr mit Hamburg?
SEBASTIAN
Auf jeden Fall verbindet uns sehr
viel mit der Stadt, weil unsere Mutter aus Ham-
burg kommt und Johannes, also der Älteste von
uns drei Brüdern, der ist auch noch in Hamburg
geboren. Wir haben ziemlich viel Zeit in unserer
Kindheit hier verbracht und haben unsere Groß-
eltern dort oft besucht. Vor allem aber ist es so,
dass wir meistens die besten Konzerte in Ham-
burg spielen. Unser Tourabschluss am 16.10. ist
auch in Hamburg. Man merkt schon an den
Reaktionen, an der Stimmung und vom ganzen
Flair her, dass das die Stadt ist, in der wir wohl
am ehesten zu Hause sind in Deutschland.
MAD
SEN
„Ich hoffe der Empfang ist
gut, dennwir sind gerade im
Auto unterwegs.“ „Doch
alles super. Wohin geht es
denn?“ „Wir waren in Bre-
men und sind jetzt gerade
auf Radioreise und fahren
weiter nach Köln, um unser
neues Album vorzustellen
und darüber zu quatschen.“
Direkt im Anschluss starten
die vier Jungs von Madsen
ihre Deutschland-Tour. Wir
haben sie trotzdem kurz
von ihrer geplanten Route
weggerissen und sie nach
ihrer Einstellung zu Wun-
dern und ihrer Begeisterung
für Äpfel befragt.